Der Atomkern

Ein einfaches Atom wie Wasserstoff besteht aus einem Proton als Atomkern, der von einem Elektron umrundet wird. Das Proton (p+) ist positiv geladen, das Elektron (e-) ist negativ geladen. Wenn wir dem Proton eine Masse von 1 zuweisen, dann besitzt das Elektron gerade einmal eine Masse von 0.0005 und ist somit 2000mal leichter. Ein bildhafter Vergleich wäre eine Feder, die von leichtem Wind über dem Boden hinweggeblasen wird. Analog befindet sich das federleichte Elektron in ständiger Bewegung um den Atomkern und ist kein Kernbaustein.

Proton und Elektron

Um mit dem Neutron einen weiteren Baustein des Atomkerns einzuführen und dessen Funktion zu erläutern, holen wir kurz aus und erklären die dort auftretenden Kräfte analog eines Beispiels, das jeder kennt: Magnetismus.

Mit zwei Permanent-Magneten haben wir zwischen Nord- und Südpol eine anziehende Kraft (F), halten wir hingegen Nord- gegen Nord- und Süd- gegen Südpol, so erleben wir eine Abstossung.

Magnete

Diese Kraft setzt schon ein, wenn die Magnete noch weit auseinander liegen. Die Situation ist anders, wenn ein Stück Eisen in die Nähe des Magneten gebracht wird. Der Magnetismus entwickelt sich erst in der Nähe des Magneten, da sich zuerst die Atome des Metallstücks anhand des Magnetfelds anordnen müssen.

Magnetisierung

Beim Vergleich der Kräfte ist also eine Kraft permanent und wirkt über lange Distanz, die andere Kraft entsteht erst in näherer Umgebung.

Zurück zum Atom: Zwischen Proton und Elektron wirken ähnliche Kräfte, eine permanente, über eine lange Distanz wirkende Anziehung zwischen entgegengesetzten elektrischen Ladungen (Elektrostatik). Wenn das Elektron also durch Anziehung eines Protons auf seiner Bahn verbleibt, so stossen sich zwei positiv geladene Protonen ab.

Elektrostatische Kräfte im Atom

Die Frage lautet, wie Atomkerne aus mehreren Protonen im Innern existieren können -umrundet von dann mehreren Elektronen - und bekanntlich gibt es nach Wasserstoff eine Vielzahl weiterer chemischer Elemente (z.B. Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff).

Zum einen existiert ein Kernbaustein, der neutral geladen ist und sozusagen den Fensterkitt im Atomkern darstellt: das Neutron (n, Masse = 1). Zum andern haften sowohl Protonen als auch Neutronen untereinander bei Berührung wie ein klebriges Bonbon aneinander. Wie im Eisenstück die Magnetisierung von der Ausrichtung der Atome im Eisen abhängt, so richten sich kleinere Bausteine innerhalb der Neutronen und Protonen gegeneinander aus: die Quarks. Die Kraft zwischen den Kernbausteinen wird Kernkraft genannt (in Blau dargestellt). Für Protonen gilt: bei Berührung zweier Protonen ist die Kernkraft grösser als die abstossende Kraft aufgrund der elektrischen Ladung:

Kernkraft zwischen Proton und Neutron

Übrigens kann der Aufbau eines Atomkerns mit folgenden Schreibweisen gekennzeichnet werden (H ist das chemische Elementsymbol für Wasserstoff):

Die untere Zahl steht für Anzahl Protonen, die obere Zahl bezeichnet die Summe aller Kernbausteine. Das heisst, hier ist also nur ein Proton vorhanden.

Auch wenn ein Wasserstoff-Atom mehrheitlich aus einem Proton und einem Elektron besteht, so existieren auch Wasserstoffkerne mit Neutronen, nämlich Deuterium (D) und Tritium (T). Atome, die sich in der Nummer der Neutronen unterscheiden, nennt man Isotope. Die Isotope des „Wasserstoffes“ sind also leichter Wasserstoff, Deuterium (schwerer Wsserstoff) und Tritium. 0.015% allen Wasserstoffes (z.B. gebunden in Wasser, H2O) ist Deuterium. Wohingegen Deuterium relativ stabil ist, zerfällt Tritium unter Abgabe von Strahlung und kommt in der Natur äusserst selten vor.

Wasserstoff-Isotope und Kernkräfte

Mit zunehmender Zahl von Protonen hingegen liegen unterschiedliche chemische Elemente vor. Wasserstoff enthält ein Proton, Helium zwei, Lithium drei, Beryllium vier, Bor fünf, Kohlenstoff sechs usw. Diese chemischen Elemente besitzen nun alle Isotope, einige davon sind mehr oder weniger stabil. Besonders stabil ist übrigens der Atomkern von Helium (He) aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Die Kernteilchen sind in einem Tetraeder so angeordnet, dass zwischen allen vier Kernkräfte bindend wirken. Die abstossenden Kräfte zwischen den Protonen fallen hier nicht ins Gewicht.

Helium-4

Von Kohlenstoff sind z.B. C-12, C-13 und C-14 in der Natur anzutreffen. (In dieser Kurzschreibweise steht die Gesamtzahl an Kernbausteinen mit einem Bindestrich hinter dem Atom). C-12 enthält somit sechs Protonen und sechs Neutronen, kommt zu 98.9% vor, C-13 enthält entsprechend sechs Protonen und sieben Neutronen und kommt zu 1.1% vor. C-14 aus sechs Protonen und acht Neutronen kommt nur in Spuren vor und zerfällt.

Doch warum gibt es stabile und instabile Isotope? Wir erinnern uns an den Magneten und dass die elektrostatischen, abstossenden Kräfte der Protonen über eine längere Distanz wirken, die bindenden Kernkräfte allerdings nur gerade zwischen den Kernbausteinen. Je mehr Protonen also vorhanden sind, desto grösser ist die Summe an abstossenden, elektrostatischen Kräften.

Wenn man die Anzahl Protonen (P) gegen die Anzahl Neutronen (N) aufträgt – also eine Isotopenkarte der bekannten Isotope zeichnet - so sieht man, dass für unterschiedliche, chemische Elemente ein optimales Verhältnis von Neutronen zu Protonen bei ungefähr 1 liegt, sich dann aber Richtung 1.5 bewegt. Je grösser ein Atom wird, desto mehr Neutronen werden also benötigt, um die elektrostatischen Wechselwirkungen der Protonen auszugleichen. In Schwarz sehen wir die stabilen Kerne, die unterschiedlichen Farben zeigen zudem an, wie ein Atomkern zerfallen kann:

Isotopenkarte

Somit gibt es Atome, die instabil sind, da die Zahl an Neutronen zu niedrig ist, aber auch Atome, die zerfallen, da die Zahl an Neutronen zu hoch ist.

Zusammengefasst sind sehr grosse Kerne (ab Element 83 - also Bismuth) generell instabil, und es gibt auch ungeeignete Verhältnisse von Neutronen zu Protonen, bei denen Atomkerne wieder zerfallen. Am besten macht man sich folgendes Bild: ein kompakter Schneeball ist stabil und hält über längere Zeit. Ein grosses Schneebrett kann aber spontan einstürzen und eine Lawine bilden.

Die genaue Aufklärung der Wechselwirkungen im Atomkern ist aber noch Thema der aktuellen Forschung. Eine interessante Frage ist zum Beispiel, ob es bei bisher völlig unbekannten, sehr schweren chemischen Elementen eine „Stabilitätsinsel“ gibt.

Instabile Isotope (einige hiervon zerfallen schon nach Bruchteilen von Sekunden, oder nach Tausenden von Jahren), wurden teilweise im heissen Frühstadium unserer Universums gebildet oder entstehen bei der Kernverschmelzung (die „Fusion“ zweiter Atomkerne) auf der Sonne bei hohen Temperaturen oder z.B. auch technisch – unter anderem im Atomkraftwerk – beim Beschuss mit Neutronen. Tritium wird z.B. laufend vom Sonnenwind zur Erde transportiert, und auch in den höheren Schichten der Atmosphäre gebildet.

> Radioaktiver Zerfall